Am Ziel

Der Polarkreis markiert eine merkwürdige Linie – ab hier geht im Sommer die Sonne nicht mehr unter. Und je weiter man in den Norden kommt, umso länger geht sie nicht unter. Von Stadt zu Stadt ist der Zeitraum unterschiedlich. Am Nordkapp zum Beispiel geht die Sonne vom 14. Mai bis 30. Juli 77 Tage lang nicht unter! Und auch jetzt Anfang August wird es hier nicht dunkel. Zwar geht die Sonne unter, aber es dämmert die Nacht hindurch.

Ich habe den Polarkreis im schwedischen Jokkmokk überschritten. Jetzt bin ich richtig im Norden angekommen. Seit meinen ersten Reisen hierher in den 90ern begeistert mich der hohe Norden. Und da schrecken mich auch noch so viele Hinweise auf die Kühle hier und den schönen heißen Sommer zuhause nicht! Doch den fernen Norden muss man erleben und spüren. Beim wandern im Fjell im Nationalpark, bei der Rast an einem der vielen Seen oder dem Meer, oder beim Bummel durch die Polarstadt Tromsö.

Seit ich zum ersten Mal die Zugstrecke Narvik-Kiruna gefahren bin, begeistert mich diese Region. Das muss man erlebt haben. Einmalige Natur, eine Zugstrecke durch das Gebirge. Und seit den 80er Jahren gibt es parallel auch eine Straße. Ich fahre sie bis zum Abisko Nationalpark. Dort gibt es ein großes Zentrum, Ausgangspunkt für tausende Wanderer, die den mehrtägigen Weg auf dem Kungsleden – dem Weg des Königs durch das Gebirge auf sich nehmen. Ich bin zwei Tage dort und mache Touren durch das Fjell, so heißt das Gebirge in Schweden. Wobei die Berge nicht so hoch sind wie in den Alpen. Doch die polare Lage macht das auch nicht nötig. Schon bei 700 Metern beginnt die Baumgrenze. Ich besuche den Berg Nuolja, gut 1000 Meter hoch und umwandere ihn. Trotz Seilbahn bin ich 20 Kilometer unterwegs und abends entsprechend erschöpft.

Zwei wunderbare Tage im Nationalpark und dann weiter in Richtung Tromsö, wo ich nun endlich meine Familie am Flughafen empfangen darf!

Tierische Tage

In Skandinavien muss man nicht in den Zoo, um Tiere beobachten zu können. Innerhalb weniger Stunden habe ich am Straßenrand der E45 zwischen Vilhelmina und Jokkmokk (beide Schweden) in Lappland eine ganze Menge Tiere entdeckt. Und sie haben die Geduld abzuwarten, bis ich umgedreht habe und zu ihnen komme.

Und heute im Abisko Nationalpark hab ich Lemminge gesehen, die allerdings zu schnell für die Kamera waren, und ein Pärchen Greifvögel, das lautstark vor den Wanderern gewarnt hat!Greifer 2

Umzug

Angenommen Audi will sich in Ingolstadt erweitern, doch der Platz auf dem eigenen Gelände reicht nicht mehr. Audi gedenkt deshalb die halbe Innenstadt umzusiedeln. Rathaus, Theater, das Münster, einige historische Gebäude – dazu einige tausend Bürger und ihre Häuser. Na klar macht die Stadt da mit, denn ohne Audi wäre sie ja nichts!

Vermutlich übersteigt diese Idee unsere Vorstellungskraft. Nicht so in Kiruna, der nördlichsten Stadt Schwedens auf einer Fläche halb so groß wie die Niederlande. Mit dem kleinen Problem dass der größte Teil der Stadtfläche Natur ist und genau dort, wo die Minengesellschaft LKAB ihr Eisenerz abbaut, der Stadtkern liegt. Deshalb hat LKAB, ohne die es die Stadt wohl gar nicht gäbe, den Wunsch geäußert, den Stadtkern umzusiedeln, um noch weiter Eisenerz abbauen zu können. Klar: ohne die LKAB und das Eisenerz wäre Kiruna allenfalls ein Nest. Also haben die Stadt und der staatliche Konzern einen Vertrag geschlossen. Alles was auf dem Foto und dem Plan innerhalb der roten Linie liegt, wird umgesiedelt. Rathaus, Kirche, Krankenhaus, 6000 Menschen und ihre Häuser. Das soll eine Menge Geld kosten – bis zu 24 Milliarden Schwedische Kronen!

 

Das Projekt hat schon begonnen. Eine neue Eisenbahnlinie wurde gebaut, Architektenwettbewerbe ausgeschrieben und abgeschlossen. Im neuen Stadtzentrum soll bereits ab 2017 das neue Rathaus mit dem Turm des alten Stadthauses stehen, der eine Art Wahrzeichen von Kiruna ist.

Kiruna begrüßt mich heute mit freundlichem Wetter und angenehmen Temperaturen. Das war nicht immer so. Danach geht es weiter Richtung Abisko Nationalpark.

On the road

Meine Reiseroute kennt jetzt nur noch eine Richtung: nordwärts. Zunächst fahre ich über die Olympiastadt Lillehammer (Winter 1994) Richtung Roros – einer alten Bergbau-Stadt, die 1977 zum Weltkulturerbe erklärt wurde, kurz nachdem der Bergbau hier endete. Genauere Infos zur Stadt von unserem Besuch 2010 gibt es hier nachzulesen: Ein Traum von einer Stadt

Auf dem Weg nach Roros vorbei an der Stabkirche von Ringebu und über das gleichnamige Fjell vorbei am Rondane-Nationalpark. Ich bin überrascht über diese spektakuläre Landschaft schon im Süden Norwegens. Ich sehe Schneefelder, bis in den Juni hinein gibt es hier Schnee und es würde bei der Wetterlage auch nicht wundern, wenn es schon wieder schneien würde. Schwitzen wie zuhause ist hier nicht. Aber wer Skandinavien kennt, den wundert das auch nicht. Nach einer langen Regennacht in Roros kommt am Vormittag die Sonne raus. Immer wieder spitzt sie durch und immer wieder … seht selbst!

Ich nähere mich nun Lappland und überquere die Grenze nach Schweden. Die Stadt Vilhelmina, Jokkmokk und schließlich Kiruna sind meine nächsten Ziele … demnächst mehr; tierische Begegnungen!