Die Klischees des Nordens

Knapp fünf Wochen unterwegs, etwa 7500 km zu Land, 1000 km zur See. Viele Erlebnisse, beeindruckende Natur in Norwegen und Schweden. Länder, die viele nur von der Landkarte und wegen der Klischees kennen: weit, kalt, teuer und viele Mücken! Ein paar abschließende Beobachtungen.

Das Licht und die Sonne sind und bleiben die eindrücklichsten Erlebnisse im Norden. Anfang August zum Beginn unserer Reise ist die Mitternachtssonne gerade zu Ende, dass heißt die Zeit, in der die Sonne jenseits des Polarkreises 24 Stunden am Tag scheint und nicht untergeht. Doch hell ist es Anfang August trotzdem noch rund um die Uhr im hohen Norden. Doch das ändert sich im Laufe von zwei Wochen rapide. Die Tage werden rasant kürzer. Und am Ende geht die Sonne in Lappland schon gegen 21 Uhr unter und um 23 Uhr ist es tatsächlich dunkel. Mit der Reise nach Süden Richtung Stockholm geht der Sonne natürlich noch früher unter. Wenn man dann allerdings weiter in Richtung Deutschland fährt, werden die Tage wieder länger. Wir überholen den Norden in Sachen Helligkeit schon wieder, denn dort werden die Herbst- und Wintertage ja deutlich kürzer als bei uns. Bisschen kompliziert aber faszinierend.

Die Klischees: weit – ja im Norden legt man weite Strecken zurück, aber deutlich entspannter als in Deutschland, da die Straßen ja so leer sind und man zum Beispiel in Norwegen oft nur 80 oder 90 km/h fahren darf.

Kalt – ja natürlich, das ist ja ein Grund warum wir gerne in den Norden fahren. 35 Grad sind nicht unser Ding. Aber wir hatten herrliche Tage mit über 25 Grad, was will man mehr. Im Norden ist alles möglich.

Teuer – ja in Norwegen. Die Preisgestaltung ist oft nicht nachvollziehbar. Aber man richtet seine Urlaube darauf ein. Essen gehen und schlemmen wie in Italien, das geht in Norwegen nicht und das vermisst man dort auch nicht. Enorm ist mittlerweile das Preisgefälle von Norwegen nach Schweden. Seit dem EU-Beitritt Schwedens ist das Land deutlich günstiger geworden und viele Lebensmittel kosten dort ähnlich viel wie bei uns.

Zeit – Die Norweger nehmen sich mehr Zeit und sind entspannt! Das bemerkt man nicht nur beim Autofahren. Wir haben es bei Burger King in Tromsø gesehen: ca. zehn Kunden bevölkern den Raum vor dem Tresen, stehen locker herum oder sitzen. Nur zwei Kunden stehen an. Gleichzeitig ist der Tresen übersät mit Tabletts, auf denen Belege und leere Trinkbecher stehen. Fünf Mitarbeiter laufen herum, gucken auf die Zettel, laufen weg, holen etwas, verschwinden zur Zubereitung für längere Zeit. Chaos!

Mancher Beleg wird zehnmal angesehen bis endlich ein Produkt auf dem Tablett landet. Bis die Kunden aufgerufen werden, die locker im Raum umherstehen, sind viele Mahlzeiten längst schon wieder kalt! Doch das Erstaunlichste neben der Tatsache, dass keiner der Mitarbeiter auf die Idee kommt die Arbeit irgendwie abzustimmen, ist, dass die Kunden ruhig und geduldig bleiben. Keiner regt sich auf. Wir sind ca. 30 Minuten in der Filiale bis wir endlich unsere schlichte Bestellung aufgeben können. Bis wir die Ware haben, vergehen weitere zehn Minuten. In Deutschland undenkbar. In Norwegen kann man Geduld lernen.

Die Natur, das Licht und der Umgang mit der Zeit – das fasziniert an Skandinavien!

Sommer Herbst Winter Sommer

Bei schönster Sommersonne müssen wir die Lofoten verlassen. Wir wissen dass wir viel Glück hatten mit diesen traumhaften Tagen. Nach einem kühlen Sommer haben wir die schönsten und wärmsten Wochen erwischt. Die Reise führt uns entlang der Fjorde in Richtung Narvik und dann über die E10 zur norwegisch-schwedischen Grenze. Wir verbringen eine letzte Nacht in der Wildnis in Lappland – eine beeindruckende Gegend. Noch sind die Temperaturen angenehm, doch der Herbst hält schon Einzug, die Birken färben sich gelb.

Und dann erleben wir auch noch den Winter bei – 7 Grad. In Jukkasjärvi besuchen wir das Icehotel bzw. den Ort, wo es seit 20 Jahren im Winter errichtet wird. Und im Sommer kann man bei geführten Touren die Eiswerkstatt besichtigen, in der die zwei Tonnen schweren Eisblöcke, für den Hotelbau im nächsten Winter vorbereitet werden. Sie werden bereits im März, wenn das Eis am dicksten ist, aus dem Fluss Torne geschnitten. Und dann besucht man die Lagerhalle, in der bis zu 5000 Tonnen Eis lagern. Am Ende gibt’s einen Drink in der Eisbar aus gefrorenen Gläsern.

Vom Winter geht es dann in Richtung Süden über Luleå, Umeå, Sundsvall nach Stockholm – da ist wieder Sommer! Für mich die schönste Stadt der Welt – Stockholm präsentiert sich wieder einmal von der schönsten Sommerseite. Und von hier aus führt uns der Weg auch langsam und endgültig nach Hause.

Lofoten – wo die Berge ins Meer fallen

Wenn hohe schroffe Berge direkt ins Meer fallen, dann bist Du auf den Lofoten. Die Faszination der „Lofotwand“, wie man die Berge der drei Lofoteninseln auch nennt, ergreift uns immer wieder. Auch beim wiederholten Besuch ist es ein beeindruckender Anblick. Die Gebirge der Lofoten gehören zu den ältesten der Welt – seit 1000 Jahren fischen die Menschen rund um die Lofoten. Die Fischerhäfen, Boote und die Gestelle zum Trocken des Dorsch gehören auch zum Bild dieser Inseln.

Wir nehmen uns viel Zeit für die Lofoten. Vor allem die südlichste Insel Flakstadøya hat es uns dieses Mal angetan. Wir verbringen einen Tag in Å, dem südlichsten Ort der Lofoten, der nur aus einem Buchstaben des norwegischen Alphabets besteht. Und wir sind in Moskenes, wo der Campingplatz uns endlich eine Waschmaschine beschert und uns ein Morgen kurzzeitig Nebel bringt, der nur im Ort hängt, was bei der morgendlichen Wanderung vom Berg aus faszinierend aussieht. Und wir können uns in Reine dank der Erfahrung aus dem Donau Ruderclub Neuburg zwei Doppel-Seekajaks ausleihen und eine herrliche Rundtour durch Fjord und Hafen machen.

Auf der mittleren der drei Inseln, auf Vestvågøy nächtigen wir am Strand von Utakleiv, wo wir nach früheren sehr beschaulichen Erlebnissen ein bisschen überrascht sind vom großen Andrang. Aber die Lofoten werden immer beliebter, bestätigt uns eine Einheimische bei der Wanderung auf den 404 Meter hohen „Mannen“ direkt über dem Strand vom Utakleiv. Der Berg beschert uns einen herrlichen Blick auf die Lofoten und den Atlantik. Wir besuchen die Ziegenfarm Alangård und landen bei der Suche nach einem Schlafplatz schließlich auf der nördlichsten der drei Inseln auf Austvågoya im Fischerdorf Henningsvaer. Ein herrlicher Sonnenuntergang zwischen den Wolken und ein Fuchs, der abends um die Wohnmobile zieht, sind die Highlights. In Kabelvåg lernen wir die deutsche Lisa und ihren norwegischen Mann Stian kennen, die dort vor fünf Wochen eine Bäckerei mit deutscher Backkunst eröffnet haben. Wir wünschen ihnen viel Glück bei ihrer Gründung, denn die Norweger können gutes Brot vertragen und die beiden haben sich ordentlich verschuldet für ihren Laden, den wir durch Zufall entdecken.

Und schließlich sind wir wieder auf unserem Lieblingscampingplatz Sandsletta auf der Nordinsel. Bevor uns der Weg in den nächsten Tagen (ab 25. August) über Abisko, Kiruna und Luleå in Richtung Stockholm führt, der letzten Station unserer großen Reise.

Hotpot
Unser gelungener Abschiedsabend: Auf dem Campingplatz von Sandsletta auf den Lofoten – unser absoluter Lieblingsplatz – hat es heute mit Hotpot und Sauna geklappt, gemeinsam mit den netten Schweizern Roberta und Vinz! Jetzt können wir entspannt südwärts tuckern!

Wunderbare Vesterålen

Die Lofoten sind in aller Munde. Doch nördlich liegt die Inselgruppe der Vesterålen, die zwar auch kein Geheimtipp mehr sind, aber noch viel ursprünglicher und einsamer. Unsere Reise führt uns zum wiederholten Mal dorthin und wir sind wieder begeistert. Das Wetter wechselt nun auf ein stabiles Hoch und wir gondeln einige Tage über die drei Inseln, die mit Brücken verbunden sind und viel Natur und tolle Buchten bieten. Noch ist es auch fast rund um die Uhr hell, der Sommer verabschiedet sich erst langsam. Besonders beeindrucken uns zwei Abende auf der Insel Langøya, die wir an der Küste zwischen Myre und Nyksund verbringen. Herrlicher Blick gen Westen auf die untergehende Sonne, eine eigene Feuerstelle und ein ruhiger Stellplatz in der freien Natur. So stellt man sich Norwegen vor.

Nyksund ist ein ehemaliges Fischerdorf, das mehrere Male verlassen wurde, weil die Fischer dort keine Zukunft mehr sahen. Mittlerweile ist es von einer bunten alternativen Truppe, auch von einigen Deutschen wieder hergerichtet worden und im Sommer voller Leben. Nyksund und der Ort Stø werden vom „Königinnenweg“ verbunden. Wir wandern von Stø aus einen Nachmittag lang auf dem Weg entlang der Nordküste vorbei an Sandstränden und einsamen Buchten mit viel Treibgut vom Atlantik.

Die Vesterålen sind einen Besuch wert. Und dennoch führt kein Weg an den Lofoten vorbei, die auf jeden Fall die schöneren Fischerdörfer haben. Aber natürlich auch mehr Touristen. Wir erreichen die Lofoten am 17. August und die Hauptsaison klingt langsam aus.